Entscheiden in selbstorganisierten Teams - die Zweite
Wir haben bereits einen Blogbeitrag geschrieben, der zwei Methoden zeigt, mit denen das Treffen von Entscheidungen vor allem in selbstorganisierten Teams verbessert werden kann: die 10-10-10 Regel und das Systemische Konsensieren.
Auch heute soll es wieder um das Treffen von Entscheidungen gehen, denn meiner Meinung nach kann hier ein gut bestückter Werkzeugkoffer niemals schaden. Das Tool, das ich vorstellen möchte ist, -Trommelwirbel bitte- die "Fist of five", die einigen vielleicht auch als "Fist to five" bekannt ist.
Das ist eine Technik, um schnell einen Überblick über die Gemütslage aller Beteiligten zu bekommen. Dabei ist diese Methode auch noch unfassbar einfach und unkompliziert. Alles was du brauchst, ist ein Team, eine zu treffende Entscheidung und freie Hände. Jetzt kann es auch schon losgehen:
Die Frage stellen, z.B. „Sollen wir React als Framework nutzen?“
Jeder in der Runde bekommt die Möglichkeit, seinen Standpunkt und seine Bedenken/Hoffnungen zu teilen. Dabei ist es wichtig, dass jeder seinen Standpunkt frei äußern kann und jede Meinung gehört wird. Es sind nur Verständnisfragen erlaubt.
Dann bekommen alle eine kurze Bedenkzeit, um ihre Entscheidung zu treffen.
Nun wird abgestimmt und alle zeigen ihrer Meinung entsprechend 0-5 Finger, wobei "0" Finger einer Faust entsprechen, dabei stehen die Finger für Folgendes:
5 Finger: Ich liebe die Idee und werde alles dafür geben!
4 Finger: Ich bin dafür
3 Finger: Ich bin einverstanden
2 Finger: Ich habe kleinere Bedenken
1 Finger: Ich habe starke Bedenken, blockiere die Idee aber nicht.
Faust: Ich bin komplett dagegen, klares Veto!
Werden eine oder mehrere Fäuste gezeigt, besteht noch Diskussionsbedarf. Wenn keine Fäuste mehr zu sehen sind, gilt die Entscheidung als angenommen.
Allerdings gibt es auch bei dieser eigentlich sehr trivialen Methode einiges zu beachten. Ich würde zuerst einmal empfehlen, dass zu Beginn geklärt wird, was mit der Abstimmung bezweckt werden soll, denn "Fist of five" lässt sich in vielen Kontexten verwenden. Entweder als Meinungsbild, um zum Beispiel während eines Kurses den weiteren Verlauf anzupassen, oder aber als „Vorabstimmung“, um zu schauen, wer noch Bedenken hat und ob man diese eventuell noch ausräumen kann. Und natürlich auch als absolute Entscheidungsmethode.
Da das Veto in Zentrum der Abstimmung steht, handelt es sich bei "Fist of five" um einen Konsent und nicht um einen Konsens. Der eine oder die andere möge jetzt behaupten, dass das das Gleiche sei, doch dem ist nicht so. Der Unterschied zwischen Konsent und Konsens mag zwar sprachlich gering sein, psychologisch ist er aber gigantisch. Eine Abstimmung mit einem Konsent-Verfahren ermöglicht es mir, dagegen zu sein, ohne alles zu blockieren. So werden Bedenken gewürdigt, es ist aber dennoch möglich, sich in der Sache vorwärts zu bewegen. Beim Konsens spreche ich mich aktiv für etwas aus. Das ist sehr viel schwerer, wenn ich nicht so ganz überzeugt davon bin oder mich unsicher fühle.
"Fist of five" kann somit extrem hilfreich sein, um ein klareres Bild, als nur bei einer ja/nein Abstimmung, zu bekommen, da nicht nur gezeigt wird, ob man für eine Entscheidung ist, sondern auch wie stark oder auch weniger stark man dafür/dagegen ist. Das ist besonders hilfreich, wenn die Idee nochmal besprochen wird, da etwaige Zweifel noch ausgeräumt werden können. Außerdem wird verhindert, dass Personen, die in einer Diskussion vielleicht eher im Hintergrund bleiben auch gehört oder in dem Fall wohl eher gesehen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass Aussagen, wie „Ich war dagegen, aber ich habe nichts gesagt, weil ihr alle dafür gewesen seid.“, vorgebeugt wird, da alle ihre Meinung möglichst gleichzeitig zeigen. Das kann in der Realität durchaus schwieriger sein als in der Theorie. Eine etwas unkonventionellere Lösung dafür wäre, die Teammitglieder ihre Augen schließen zu lassen, während sie ihre Finger heben. Der Stimmzähler kann dann kurz die Augen öffnen und sicherstellen, dass sich jeder entschieden hat. Erst dann öffnen alle anderen wieder die Augen.
Allerdings ändert das nichts daran, dass es besonders bei Teams, die sich noch nicht so lange kennen für einige Mitglieder sehr unangenehm sein kann, ihre Meinung so offen zu zeigen. Deshalb ist es wichtig, dass darauf geachtet wird, keinen Rechtfertigungsdruck zu erzeugen. Generell setzt diese Methode ein gewisses Grundvertrauen innerhalb des Teams voraus. Es muss allen klar sein, dass diese Entscheidung nicht persönlich ist und alle Meinungen akzeptiert und gehört werden, eine Erinnerung an die Vegas-Regel (Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas) kann hier nochmal hilfreich sein.
Das war die "Fist of five" Methode. Ich hoffe, sie kann Dir helfen und, dass Du sie auch mal mit deinem Team ausprobierst. In dem Sinne High Five und frohes Entscheiden!
Entscheiden fällt Deinem Team schwer? Dann kontaktiere uns oder buche unverbindlich einen Beratungstermin mit uns. Wir helfen Euch gern mit Training, Coaching und Beratung.
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